Du wirst das sicher kennen, dass Du Dich gerade bei Alltagsbewegungen unbeweglicher fühlst. Das beginnt schon beim Aufstehen aus dem Bett, beim Anziehen oder Binden von Schuhen, beim Kratzen auf dem Rücken, beim Aufheben vom Boden und setzt sich fort, dass schon die Positionen im Stehen Sitzen und sogar Liegen unbequem sind.
Woran liegt das? Nun, die ganz offensichtliche Antwort würde Bewegungsmangel lauten. Oder man ist eben grundsätzlich „unsportlich“, faul, zu alt oder nicht richtig gedehnt.
Also wäre die logische Lösung, sich mehr zu bewegen, Sport treiben, sich ordentlich dehnen und sich generell fit halten.
Nun kann es aber immer noch sein, dass hier und da viele eigentlich ganz normale Bewegungen oder Positionen sich unkomfortabel anfühlen. Oder vielleicht auch nur anstrengend. Es ist nämlich nicht so, dass Menschen, die viel Sport treiben, oder ins Yoga-Studio gehen, zwangsläufig frei von Beschwerden sind, obwohl doch auf den ersten Blick bewegungstechnisch viel getan wird. Oder obwohl sie noch gar nicht viele Lebensjahre zählen. Ich ordne da diagnostizierte richtige Erkrankungen gar nicht dazu. Und dann gibt es auch noch die Menschen, die keine besonderen Vorkehrungen treffen und all das bisher genannte gar nicht kennen, ganz unabhängig vom Alter.
Woran könnte das liegen? Um das zu verdeutlichen schwenke ich den Blick kurz ins Tierreich. Am besten, weil das für viele ein alltäglicher Anblick ist, auf Katzen.
Katzen haben ausgesprochene körperliche Fähigkeiten und, und das ist der springende Punkt, sie haben dazu auch tief verwurzelte Instinkte, diese Fähigkeiten täglich so zu nutzen, wie sie von Geburt an angelegt sind. Eine Katze schaut nicht wie festgetackert stundenlang bewegungslos auf einen Bildschirm, übt keine monotonen beruflichen Tätigkeiten aus für mehrere Stunden am Tag, sie besucht auch kein Fitnessstudio und geht monoton am Laufband oder stemmt Gewichte in 4 Sätzen à 10 Wiederholungen, die ihr von einer anderen Katze vorgemacht werden. Sie geht auch nicht raus, um eine festgelegte Strecke vor sich hin starrend geradeaus zu joggen. Sie macht auch kein minutenlanges Stretching, das ihr eine andere Katze vormacht. Sie geht auch nicht abends schlafen und stellt sich einen Wecker um pünktlich aufzustehen. Auch legt sie sich sich nicht auf eine Matratze. Nein… alles was eine Katze ihr Leben lang tut, ist das, was Katzen immer tun. Sie springt, klettert, rennt, schleicht, rollt sich ein, streckt sich, spielt. Und wenn sie darf, jagt sie auch. Und das völlig automatisch. Sie nutzt ihren Katzenkörper, ihre Sinne auf jede Weise, die ihr möglich ist. Einfach so. Und weil sie das tut, bleibt sie bis ins hohe Katzenalter auch genau so beweglich wie als junges Kätzchen. Wir Menschen haben diesen Bewegungstrieb und die Intuition, sich „menschengerecht“ zu bewegen auch, jedoch verliert sich das recht schnell im Kleinkindalter, wenn der Verstand beginnt, sich weiter zu entwickeln, dessen Reize stärker werden als das ursprüngliche „Zuhause Sein im Körper“. Etwas anders läuft das in Kulturen, die sich noch stark in ihrer Körperlichkeit befinden und bei denen das Verhältnis zwischen Körper und Verstand sich anders entwickelt als in der vergeistigten bzw. inzwischen digitalisierten Welt unserer Kultur. Wir sind sehr gut im Erfinden von Werkzeugen, im Konstruieren künstlicher Welten und künstlicher Lösungen von Problemen, die es oft ohne diese Lösungsversuche gar nicht gäbe. Und inzwischen auch im Erschaffen gänzlich virtueller Realitäten, in denen der Körper überhaupt keine Rolle mehr spielt. Anders ausgedrückt: Wir entfremden uns mehrheitlich zumindest sehr früh von unserem ursprünglichen Körpergefühl und werden erst durch Alarmzeichen wie Schmerzen oder Einschränkungen darauf aufmerksam gemacht. Meistens werden dann Maßnahmen getroffen, die von genau den selben Menschen erfunden wurden, die in der gleichen Situation stecken und mit rationalen Methoden das Problem lösen wollen. Dank dieser Fähigkeiten haben wir natürlich sehr viele Möglichkeiten gefunden, mit Krankheiten umzugehen. Das ist ein großer Gewinn. Andererseits kann auch der Blick für einfache Lösungen, die bereits da sind, einfach verstellt sein. Ich möchte heute einen einfachen Lösungsansatz für das Phänomen „Beweglichkeit“ vorstellen.
Um mehr Beweglichkeit im Alltag zu bekommen, muss man sich zuerst die Frage stellen, was diese Beweglichkeit überhaupt ist. Denn oft wird Beweglichkeit mit Gelenkigkeit oder Dehnbarkeit verwechselt. Es ist ja so: Um ein Affe zu sein, der gut klettern kann und auch sonst alles tun zu kann, was Affen so tun, braucht dieser keinen Spagat zu können, braucht seine Arme nicht nach hinten zu dehnen, er braucht keine Brücke zu können und auch nicht üben im Lotusssitz zu verweilen, noch braucht er Sonnengrüße oder Situps. Es genügt, wenn er einfach ein Affe ist, der sich von selbst wie ein solcher funktionell bewegt.
Wir Menschen brauchen ebenfalls die genannten Dinge nicht, um uns wie Menschen zu bewegen, also brauchen wir weder Gelenkigkeit noch Dehnbarkeit, die außerhalb von dem liegt, was Menschen rein praktisch gesehen immer schon getan haben: Laufen, Klettern, Jagen, Sammeln, ohne Sitzmöbel sitzen, ohne Betten liegen.,…
Wenn wir uns zivilisierte Menschen ansehen, ist es nicht mehr selbstverständlich, dass wir diese einfachen Dinge in dieser Intensität ganz von selbst und mühelos können. Und das liegt nicht vorwiegend an mangelnder Bewegung, nicht an mangelnder Gelenkigkeit und auch nicht an mangelnder Kraft. Schlicht und ergreifend gesagt fehlt vielen Menschen die Beweglichkeit, sich im Prinzip völlig normal zu bewegen.
Mit Beweglichkeit ist also die Fähigkeit gemeint, die uns ermöglicht, koordinierte Tätigkeiten unter Einbezug des ganzen Körpers völlig mühelos zu schaffen.
Das Stichwort, auf das ich genauer eingehe ist die Koordination.
Koordination meint die effiziente Abfolge verschiedener Abläufe. Und da wir von menschlichen Alltagsbewegungen sprechen, bezeichne ich dies als Bewegungsansteuerung. Mehr Beweglichkeit bedeutet, dass die Ansteuerung der Bewegungsabfolge so optimiert wird, dass die Gesamtbewegung mühelos wird.
Unser Körper hat zwar eine Biomechanik, ist aber deshalb keine Maschine. Er spürt und reagiert interaktiv auf Wahrnehmungen. Und er lernt schnell, was er meiden möchte und speichert absolut alles ab, was er tut. Bewegt er sich also beispielsweise in einem ganz bestimmten Kontext auf eine ganz bestimmte Weise, dann wird in dem gleichen oder ähnlichen Kontext bevorzugt diese Abfolge auch sehr dominant abgerufen. Und er wird mehr und mehr einmal angepasste Abläufe immer wieder verwenden! Leider unterscheidet der Körper dabei nicht, ob die Bewegung an sich sinnvoll ist oder nicht. Hauptsache, sie hat unter bestimmten Umständen funktioniert. So kommt es, das wir viele Bewegungsabläufe bevorzugt nutzen, die zwar mal einen bestimmten Nutzen hatten, ansonsten aber auf Dauer schädlich oder einfach nur ineffizient ist.
Als Beispiel dazu habe ich ein kurzes Video erstellt, welches das einfache Vorbeugen zeigt und die tiefe Hocke (weil beides dem gleichen Bewegungsprinzip folgt)
Schau dir an, wie das unter zwei verschiedenen Ansteuerungsarten aussieht.
Wenn Du Dich für die optimale Bewegungsansteuerung zur Steigerung der Beweglichkeit in dem Video interessierst, kannst Du Dir hier das komplette Übungsvideo mit detaillierter Anleitung holen: